Gedenken an das Zugunglück in Dahlerau

Es war ein grauenhafter Tag für unsere Stadt und besonders für unseren Ort Dahlerau: Nach dem gellenden Klang der Sirenen und Martinshörner des Abends am Unglücksort folgte am nächsten Morgen das Schweigen. Der Tod ist stumm und er macht stumm. Das hat Radevormwald damals erleben müssen. Eine Stadt hatte für den Augenblick ihr Leben verloren und den ungeheuren und völlig unerwarteten Tod verspürt.

Als mein Vater damals abends als Seelsorger gerufen wurde, hat ihn das zutiefst aufgewühlt. Überstürzt brach er wortlos auf, setzte sich ins Auto und fuhr von Unterbarmen los. Unsere Mutter sagte nur: „Es ist etwas ganz Schreckliches passiert“, und ich erinnere mich an ihr Gebet für die Verstorbenen und Angehörigen, von denen wir Kinder noch nichts wussten. Aber die innere Unruhe hatte auch uns erfasst. Vielleicht lernte ich in dieser Nacht noch einmal neu beten durch Mutters Gebete.

Am folgenden Morgen war unser Vater beim Frühstück matt und todesbetrübt. Er schlug die Zeitung auf und sagte nur: „So etwas habe ich noch nie erlebt. So viele junge Menschen leben nicht mehr.“ Ich sah Tränen in seinen Augen.

Was er als Notfallseelsorger erlebt hatte, sprengte das, was er erwarten konnte, als er damals das Haus verließ und wegfuhr. Die Westdeutsche Zeitung berichtete vor fast 50 Jahren am nächsten Tag: „Als eine Stadt zum Friedhof wurde.“ Mit einem Schlag ist nichts mehr, wie zuvor.

Noch einmal wurde unsere Stadt geprüft bei dem Busunglück im September 2009 – auch dabei kamen einige Menschen zu Tode.

Mein Gebet ist, wenn ich am Neuland vorbeifahre: „Jesus, du bist nun auch hier immer noch der Sieger über den Tod. Sei bei allen Toten und ihren Familien und Angehörigen. Segne DU sie und lass‘ sie Frieden finden.“

Der Tod ist stumm und er macht stumm – das mögen wir wieder und wieder spüren – aber wir dürfen auch Jesu Worte hören, die das Schweigen brechen: „Ich lebe- und ihr sollt auch leben!“ (Johannes 14,19)

Pfarrer Albrecht Keller

Hinweis: Die Gedenkveranstaltung für die Opfer des Zugunglückes feiern wir gemeinsam mit der FEG Dahlerau am 27. Mai 2021. Sie wird um 14 Uhr vom Kommunalfriedhof aus in die Kirche Dahlerau übertragen. Bitte melden Sie sich in unserem Gemeindebüro unter 02191/9681712 vorab bei Petra Basener vorher an, weil die Plätze aufgrund der aktuellen Situation begrenzt sind.